Bartel über Bartel
Licht ist Körperlosigkeit, Helligkeit - dem Weiß adäquat. Je mehr sich abzuzeichnen beginnt, desto körperlicher wird das Licht. Max Bense war der Erste, der überhaupt darüber nachgedacht - Licht wird durch Verdichtung körperlich. Als ich Max Bense (Aufstand des Geistes) las, dachte ich wie ein Schlag: das ist es! Das Licht gerinnt zu Farbstufen, abgeschattet, Häute bildend, transparent vorläufig. In der Verspannung sichtbarer Farbigkeit im Licht entstehen Bewegungen von unterschiedlicher Nachhaltigkeit. In gewissen Zentren, meist unverhofft und überraschend, entwickeln sich Druckpunkte, von denen aus man das Bild orten kann. Ich nannte meine Bilder oft Lichtknoten. Lichtknoten will heißen: Lichtballung, Lichtkonzentration, Aufdeckung von Farbkörpern. Die Zentralisierung von Licht (sprich Farbe) macht diese Körper erkennbar; umreißt ihre Konturen, vibriert in den Zwischenräumen, schimmert von unten her durch röntgenhaft anmutende Schallungen; reflektiert nervös auf kuppelgleichen Farbbeulen; skizziert eine im Normallicht versunkene Formwelt.
Der Schritt vom Körperhaften zum figürlich Körperlichen ist nicht weit. Natürlich interessiert mich bei diesem Vorgang körperliche Bewegung und Spannung im Raum. Mich reizt ebenso das Offenlassen eines endgültigen Zustandes, das mich in Versuchung bringt, auf meine Weise das Angedeutete, scheinbar nicht Vollendete, auf eine Lösung hin weiterzudenken. Es geht um die teils bemalten, teils stehengelassenen Stellen der weißen Leinwand, die hierdurch in einen merkwürdigen Zustand der Schwebe geraten.
Ich suche in der Kunst nicht ohne Grund einen Rest von Spontaneität; menschliche Sprache innerhalb eines allgemeinen Mechanismus; Vibration des Zufalls in einer vorgeprägten Situation. Ich suche, was sich einem festgelegten Schicksal entgegenstemmt. Meine Arbeiten dokumentieren Verzicht auf Vollendung. Das nicht zu Ende gemalte ist zum Gestaltungsprinzip geworden, wo die Spannung zwischen den bemalten und unbemalten Flächen und der Rhythmus das Bild zu Vibrieren bringen - dies bestimmt meine Art zu arbeiten. Das Geheimnis nervöser Inspiration, das sich sonst unter der Haut verbirgt, tritt wie vor einem Röntgenschirm ablesbar an Konturen zutage. Zwischen Fertigem und Unfertigem bleibt fragmentarisch ein Zwischenraum, in welchem die Fantasie des Betrachters sich entfalten kann. Hinter jedem Fragment steht eine zu denkende Ganzheit. Das Bild.